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Eine Woche fast offline im Alltag – der erste Tag

Sonntag, 9 Uhr. Ich wache spät auf, da ich gestern mit einer Freundin feiern war. Der erste Tag ohne mein tägliches Internetpensum ist somit deutlich kürzer als mein normaler Tag. Es scheint eine gute Idee auf einem Sonntag zu starten.
Für manche klingt mein Verhalten und meine Bedenken gegenüber dem nicht online sein mit Sicherheit völlig überzogen. Ich glaube allerdings, dass heutzutage viel zu viele Menschen eine Art Suchtverhalten entwickelt haben und dadurch das Abschalten und die Achtsamkeit sich und anderen gegenüber immer schwieriger wird. Das Internet ist keine Sucht wie das Glücksspiel oder Alkoholismus, es ist eher wie eine Esssucht. Ohne Essen geht es nun einmal nicht, man muss lernen richtig damit umzugehen. Ähnlich geht es den meisten Leuten mit dem Onlineverhalten. Ohne Internet geht es nicht, man muss lernen den Grad zwischen sinnvoll online zu sein und das automatische tippen auf den Facebookbutton, weil einem langweilig ist, zu regulieren.
Wir fürchten uns heutzutage so sehr davor einfach mal nichts zu tun. Die Gesellschaft könnte ja denken, man sei faul oder nicht erfolgreich, wenn man nicht ständig beschäftigt oder busy ist. Eigentlich weiß jeder von uns, dass das nicht stimmt, aber in der Umsetzung scheitert es dann doch zu oft.

Zurück zum ersten Tag offline sein. Jedes Mal wenn ich heute online gehe schalte ich meine Stoppuhr auf dem Handy an. Noch bin ich unentschlossen, ob ich 2×30 Minuten mir für meine Stunde online geben soll, oder je nach Bedarf die Uhr laufen lasse. Ich entscheide mich heute für den sanften Einstieg und lasse meine Stoppuhr über den Tag verteilt mitlaufen. Also nach dem Aufwachen einmal meine Mails flüchtig gecheckt, WhatsApp, Facebook und Instagram. 2:30 Minuten sind vergangen. Hm, war das jetzt viel oder wenig?

Ich telefoniere erst einmal ausgiebig mit einem meiner besten Freunde der gerade in Bonn verweilt und beschließe um 11:30 mir endlich ein Frühstück zu machen. Heute ist so ein richtiger Gammelsonntag, ich bin alleine, der Freund ist in Berlin, und ich kann bis 1 Uhr in Schlafklamotten verbringen. Herrlich! Vor dem Frühstück noch mal schnell die Stoppuhr angeschmissen, noch ein kurzer Blick auf Insta geworfen. Hm, 2 Kundinnen fanden das letzte Packendes nicht gut. Verdammt, hätte ich mein Handy nicht angemacht. Ich verkrafte Kritik an meinem Produkt in der Woche am Schreibtisch deutlich besser als am Sonntagmorgen im Jogger und Bambischlafshirt. In dem Zustand fühle ich mich sofort persönlich angesprochen. Hinzu kommt, dass beide Kundinnen mir nicht geschrieben haben, warum es ihnen nicht gefällt, sondern nur, dass sie es nicht mögen und enttäuscht sind. Oh nein, enttäuscht ist das schlimmste, was man mir schreiben kann. Ich fühle mich dann immer doppelt persönlich verantwortlich. Tja, selber Schuld Ricarda, hättest Dein Handy mal nicht angemacht. Ein gutes Beispiel dafür, wie sich Arbeit und Freizeit vermischen.

Nach dem Frühstück lese ich in einem Buch und möchte nach ein paar Seiten online etwas nachgucken. Den Gedanken, mal schnell bei Google etwas nachzuschlagen kommt mir heute nicht zum ersten Mal. Ich bin ein neugieriger Mensch und möchte Sachen die mich interessieren oder wo ich mehr Informationen zu haben möchte immer sofort online nachgucken. Ein Reflex, den ich unterdrücken muss. Schon jetzt sehe ich, dass dieses Verhalten mein normales Zeitmanagement negativ beeinflusst. Ich lasse mich einfach zu schnell ablenken, gucke online etwas nach, bin dann schon beim nächsten Klick, der nächsten Seite, suche nach mehr Quellen, öffne aus der Googlesuche mehrere Tabs gleichzeitig… Jetzt weiß ich schon mal ein bisschen, wo meine Zeit immer bleibt.

Sonntags gucke ich meist einmal im Rechner, wie die Ebookzahlen der Woche waren und merke heute zum ersten Mal wie lange es dauert, bis die Seite mit dem Report sich öffnet. Währenddessen fällt mein Blick etwas hektisch auf die Stoppuhr. Geht das mal schneller? Okay, ich merke, dass dieses Stoppuhr Modell überdacht werden muss.

Zwischenfazit um 13 Uhr nach 4 Stunden im Wachen Zustand: 16:32 Minuten online gewesen. Ich merke, dass dieser kleine Selbstversuch nicht ganz so witzig wird wie gedacht und schäme mich etwas, wie viele meiner Gedanken sich heute um das Thema Internet drehen. Gleichzeitig weiß ich jetzt schon, wie gut mir diese Woche tun wird…

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Es ist abends und der Rest des Tages ist nach 13 Uhr deutlich entspannter verlaufen als gedacht. Am Ende des Tages war ich keine 30 Minuten online. Merke aber, dass ich meine eine Stunde online anders gestalten muss. Mal zwischendurch das Handy ins Wlan bringen und für eine Minute alles kurz checken ist einfach noch zu dicht an meinem normalen Surfverhalten dran.
Ab morgen wird die Onlinezeit am Stück auf 2-3 Zeiten aufgeteilt.

Und ich kann euch jetzt schon sagen – in meinem Arbeitsalltag scheitere ich gnadenlos…

Liebste Grüße,
Ricarda

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11 Kommentare
  1. Nicole

    12. April 2016 um 18:32

    Liebe Ricarda,

    ich finde deine dir selbstauferlegten Projekte immer total inspirierend. Leider bin ich in der Regel eher der stille Leser, weil mir die Zeit immer zu schade ist, den Laptop anzuschmeißen, um vernünftig kommentieren zu können. Das heißt aber nicht, dass ich nicht insgeheim immer denke „wow super, du sprichst mir aus der Seele“. Mir geht es genau wie dir. In den letzten Wochen und Monaten stelle ich bei mir fest, dass man sich selbst abhängig macht von den ganzen schnellen Medien. Man verdaddelt so viel Zeit damit, mal grad bei Facebook dies, bei amazon das und bei google jenes nachzuschauen. Ich traue mich gar nicht, die Zeiten zusammenzuzählen. Auf jeden Fall muss sich da auch bei mir was ändern.
    Dazu passt auch dein Post vom vorletzten Mal, wo es um deinen Blog als solchen ging. Man setzt sich selbst so viel unter Druck, weil man glaubt, immer besser, mehr und toller sein zu müssen. Ich kann dir dazu nur sagen, dass ich zwischendurch bei deinem Blog auch mal gedacht habe „das ist mir langsam viel zu perfekt“. Ich möchte als Leserin doch lieber auch mal nicht ganz so perfekt ausgearbeitete Bilder sehen, denn sonst setzt mich das als absolute Hobbynäherin doch viel zu sehr unter Druck :-). Also mach genauso weiter wie bisher und lass dir doch ruhig auch mal ein bisschen Zeit zwischen den Posts, wie du schon sagtest „Qualität vor Quantität“. Dann freue ich mich als Leserin umso mehr, wenn es endlich was neues von dir gibt. So genug, der Lobhudelei. Viel Erfolg mit deiner Woche ohne Internet. Ich bin gespannt, wie es dir erging.

    Liebe Grüße
    Nicole

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  2. KreaMino

    12. April 2016 um 22:19

    Liebe Ricarda,
    einen interessanten Selbstversuch, den du gestartet hast. Das täte mir wohl auch mal ganz gut – man verdaddelt doch Unmengen Zeit mal eben was nachzuschauen, zu recherchieren, zu suchen,… Gerade die innere Neugier steuert da nicht unbedingt gegen… (oh yeah – gerade sitze ich hier mit Notebook und Smartphone (nebenbei läuft auch noch der Fernseher…) viel zu viele Kanäle gleichzeitig).
    okay. ab sofort beteilige ich mich an deinem Selbstversuch! Ab Morgen gibt es Online-Diät. Eine Stunde am Tag aufgeteilt auf 2-3 Zeiten! Ich werde berichten ;-)
    GLG Dominique

    Antworten

  3. Lea von Rosy & Grey

    12. April 2016 um 23:07

    Hallo meine Liebe,
    wow total das spannende Projekt!!!
    Ich finde das wirklich mutig von dir und verfolge es ganz gespannt ;)
    Liebste Grüße
    Lea

    Antworten

  4. Frau Bergmolch

    13. April 2016 um 7:33

    Hallo Ricarda =)

    Ich habe im Herbst 2014 (es ging langsam in Richtung hochschwanger) für 8 Wochen auf mein iPhone offline genommen. Es war eigentlich Zufall: der Akku war leer und mit dickem Bauch hatte ich keine Lust unter den Schreibtisch zu kriechen und das Ladekabel rauszuholen ;) tatsächlich lag es aber auf dem Telefontisch, wie mir dann am Abend auffiel. Jedenfalls war ich vom ersten Moment an wie befreit! Endlich mal keine Nachrichten,Mails & Co sofort beantworten, toll! Nach einer Woche war es fast als hätte ich nie ein Handy besessen und ich muss dazu sagen, ich hatte bereits eines mit 14, also vor 18 Jahren (oh Gott, jetzt BIN ich alt). Auch mein Internetkonsum ist in dieser Zeit drastisch zurückgegangen, dafür habe ich mehr Zeit mit meinen Hobbies verbracht.

    Und dann? Ich habe letztlich erst mein iPhone wieder angeworfen als es Richtung Geburt ging. Das ewige gemeckere der Mama – O-Ton: „Man macht sich ja Gedanken und was, wenn es unterwegs losgeht???“- war mir zu anstrengend und als dann ein neues iPhone von ihr spendiert wurde, war die Neugierde auf die Technik doch zu groß *g*

    Mittlerweile nutze ich die Medien wieder viel zu viel…vll wäre es an der Zeit noch einmal einen Selbstversuch zu starten ;)

    Liebe Grüße aus Lüneburg,
    Eileen

    Antworten

  5. Emm.A

    13. April 2016 um 9:14

    Liebe Ricarda,

    ich hab deinen ersten Post zu dem Thema gelesen und dann auch ein wenig auf mein Smartphone und Internet Verhalten geachtet. In der Arbeit ist es mir unmöglich, aufs Internet zu verzichten, aber da merk ich, dass ich auch in kurzen Pausen immer mal wieder auf mein Handy schaue, obwohl ich genau weiß, dass ich keine neuen Whatsapp Nachrichten gekriegt hab und sicher nix versäume, wenn ich mal 8 Stunden lang NICHT auf facebook surfe. Ich probier jetzt auch, mein Verhalten besser zu kontrollieren und einzuschränken. UND DAS IST ECHT SCHWER! Ich hätte mir nie gedacht, wie oft ich mich dabei ertappen werde, ohne nachzudenken das Handy in die Hand zu nehmen. Komplett ohne Grund. Einfach so.
    Echt bedenklich! Bin gespannt, wie das bei dir weitergeht!

    Liebe Grüße
    EmmA

    Antworten

  6. Christina

    13. April 2016 um 9:53

    Toll geschrieben! Du hast dich wirklich genau beobachtet! Da finden sich bestimmt viele Leser wieder! Merke gerade am Wochenende, dass ich auch zimmermal und zwischendurch online bin. Was auch totaler quatsch ist!! Wenn ich mich dann mal komplett losgeeist habe und mich mit anderen Dingen beschäftige, wie Garten, Kinder, Nähen, Kochen, merke ich erstmal, wie intensiver, energetischer die Zeit war;)
    Freu mich auf mehr!

    Antworten

  7. Steffi

    13. April 2016 um 11:09

    Liebe Ricarda,

    schon bei der Ankündigung habe ich gedacht „oh man, genau das solltest Du auch mal machen!“… Gefühlt den halben Tag verdaddelt man eigentlich mit sinnlosem Surfen am Handy. Abends wundert man sich dann, wo die Zeit geblieben ist und warum man eigentlich nichts vernünftig gebacken bekommen hat, weil man sich selbst ständig unterbricht durch den Blick aufs Handy. Ganz schön traurig eigentlich…
    Ich werde Deinen Selbstversuch weiter verfolgen und mich selbst ein wenig bremsen an Handy und PC – mal sehen wie das klappt, nötig ist es allemal!
    Liebe Grüße
    Steffi

    Antworten

  8. Anne

    13. April 2016 um 22:23

    Liebe Ricarda,

    Ich denke, du hast mich inspiriert. Werde das auch machen. Vielleicht sogar zwei wochen. Mal schauen, wie die erste so läuft… Nur brauch ich andere regeln… Abgeänderte. Ich hab mir das folgendermaßen überlegt: da ich mitten im examen stecke benötige ich das internet als nachschlagewerk. Um es ohne zu probieren, bei einem so wichtigen schritt bin ich zu feige…deshalb: ich darf zeitlich unbegrenzt lernrelevante dinge googlen und dann natürlich die suchergebnisse durchforsten. Alles andere (was zZ auch eher facebook, instagram usw ist) nur für 30 min am tag. Beim Handy wird das Wlan ausgeschaltet. Tablet auf flugmodus gestellt.

    Ich bin gespannt wie es wird und freue mich auf weitere berichte was deine erlebnisse betreffen!

    Lg anne

    Antworten

  9. Roxanne

    14. April 2016 um 12:15

    huhu,
    also wir machen das im Urlaub ganz bewusst… da bleiben die smartphones im Ferienhaus oder Hotelzimmer liegen und wir sind einfach nicht erreichbar, ok meistens nimmt mein Mann seins doch mit, weil er keine armbanduhr trägt und wenn wir wanders gehen ist es vielleicht ganz gut für notfälle doch eins dabei zu haben… es bleibt dann aber im rucksack….

    Wir gucken dann abends drauf, ob irgendwas wirklich wichtiges ist.

    Angefangen haben wir das, als meine Kollegen mich in Österreich beim Wandern wegen Kleinkram anriefen…Vor einigen Jahren also.
    Und letzten Herbst fiel uns dann auch mal auf, wie bequem dieses „eben mal schnell“ doch geworden ist…. im Auto sitzend mal eben schnell den Wetterbericht abfragen, den nächsten Spielplatz finden, restaurantbewertungen suchen oder oder oder…. was im Alltag mal eben so funktioniert, im Urlaub tut etwas FREIZEIT da ganz gut…

    Gestern waren wir im Restaurant (hochzeitstag :) ) und da saß ein Paar, die haben nicht miteinander geredet, jeder sein Smartphone in der Hand_ Ist das nicht gruselig, wenn man sich nichts mehr zu sagen hat? Restaurant am See, tolles Wetter, viele Leute, Schwäne die an einem vorbeiziehen…. und man bekommt es nicht mit, weil man aufs smartphone schaut…traurig.

    Liebe Grüße und ich freue mich schon auf deine Erkenntnisse nach der Woche!

    Antworten

    • Ricarda

      14. April 2016 um 15:35

      Oh ja, das ist wirklich sehr traurig! Finde ich toll, wie ihr das handhabt!

      Antworten

  10. Franziska

    14. April 2016 um 14:03

    Liebe Ricarda,

    wirklich sehr spannendes Projekt! :-)
    Auch wenn man im ersten Moment Denkt: „Was nur eine Woche?“ dass sollte doch echt kein Problem sein :-D aber heute und vor allem wenn man schon berufsbedingt vom Internet abhängig ist, scheint es fast unmöglich diese Woche auch wirklich durchzuhalten. Man merkt überhaupt nicht mehr wann und wie oft und vor allem wie lange man tatsächlich im Internet unterwegs ist. Es ist so selbstverständlich geworden. Auch dass man immer und überall erreichbar ist. Mir passiert es auch öfter, dass ich mein Handy vergesse oder der Akku leer ist und darf mir dann anhören, dass man mich nie erreicht und wozu ich eigentlich ein Handy habe. Gute Frage. :-D Auf jedenfall nicht, damit ich immer und überall erreichbar bin.
    Ich finde es gut, dass du dir eine Grenze gesetzt hast und dass auch mit einer Stoppuhr kontrollierst, denn nur da fällt es einem auf wie wenig eigentlich 30 Minuten sind und wie viel Zeit man täglich „sinnlos“ im Internet unterwegs ist.

    Zur Zeit fahre ich des Öfteren mit dem Zug in die Arbeit und muss sagen, dass es mich tatsächlich schockiert, dass es fast niemanden gibt, der nicht die ganze Zeit in sein Handy starrt (da nehme ich mich nicht aus) Der Kontakt zu anderen Menschen ist völlig abhanden gekommen. Vor allem Junge Leute stehen in einer Gruppe zusammen, unterhalten sich zwar, haben aber gleichzeitig Kopfhörer auf, wo sie ihre Musik nebenbei laufen lassen. Hallo? Hat es nicht auch was mit Respekt zu tun seinem Gegenüber zuzuhören, oder gibt es sowas gar nicht mehr?
    Ich habe mir auch sagen lassen, das Telefonieren total out ist. Lieber schreibt man eine Nachricht.
    Ich frage mich wie wir es geschafft haben uns zu treffen und zu beschäftigen ohne den ganzen Schnickschnack?
    Aber so ist halt die neue Generation, sie wachsen damit auf. Sogar mein Kleiner (21 Monate) findet Handys total spannend. Klar muss ja auch was tolles sein, wenn Mama und Papa ständig mit dem Ding rum laufen. Mittlerweile bin ich wirklich darum bemüht es zumindest nicht zu benutzen wenn er anwesend ist. Aber sogar das fällt mir oft schwer.
    Ich glaube wir müssen uns das einfach wieder mehr ins Bewusstsein rufen und lernen uns auch anderweitig zu beschäftigen.
    Ich bin gespannt wie dein Fazit ausfällt.

    lg Franziska

    Antworten

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